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Nackt durch die Eiszeit

Aktualisiert: 8. Jan. 2019

Vogelzwitschernde Wolken stürzen vom Himmel. Sprengen den Horizont. Zerfetzten die Sonne. Reissen Krater in die Erde. Haltloser Fall in die Tiefe. Ein Alptraum! Die Diagnose. Damals, Ostern 2009.

Mein Armageddon war nur einen Satz lang „Sie haben eine sehr seltene, aggressive Form akuter Leukämie“ Dieser monoton gemurmelte Satz aus dem Mund einer jungen Ärztin brach wie eine Sintflut über meinen heiteren Frühlingstag herein. Nach diesem Satz begann die Eiszeit.

Eine Eiszeit ist schwer zu überstehen. Sie nackt zu überleben, ein Ding der Unmöglichkeit. Mein krankes Blut gefror in den Adern. Wie ein Tsunami schwappte eine Schweißwelle über meine kalte Haut. War das ein Erdbeben oder nur ein Zittern? Dann Schockstarre. Ich konnte meinen Körper nicht mehr bewegen. In meinem Kopf Hysterie: "Nein, nein, das darf nicht wahr sein." und "Hilfe, ich sterbe!" Untergang der Titanic auf hoher Hirnsee. Alarm!!! "Wo ist der Kapitän? Ist denn da niemand?"

Und dann geschah etwas. Es passierte in der nächsten Sekunde. Einfach so. Ohne Überlegung: "Der Kapitän" meldete sich: Mein Notfall-Generator sprang an. Ich wusste nicht einmal, dass ich so etwas besitze. Etwas, das tief in mir drin schlummerte, erwachte plötzlich. Etwas, das mich blitzartig mit meiner Intuition - und ja, vielleicht auch mit Urinstinkten und einem animalischen Überlebenstrieb vernetzte. Ein Rettungsnetz? Ein Rettungsnetz so dünn wie Spinnweben. Aber ein Anfang, um zu ÜBERleben


154 Ansichten7 Kommentare

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7 Comments


bianca.austermann
Jan 22, 2019

Liebe Frau Punkte, ich hab nun mit der Eiszeit begonnen. Du schreibst in einem messerscharfen Ton sehr emotional. Ich wußte gar nicht dass das geht. Soweit zum Stil. Deinen Mut so offen über dieses schmerzhafte Erlebnis zu schreiben bewundere ich sehr! Gleichzeitig spürt man intuitiv, dass Du Dir jegliche Form des Mitleids verbietest. Die hohe Kunst des biographischen Schreibens.

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parla.de.deo
Jan 21, 2019

Liebe Frau P.

ich finde Ihre Rückblende geradezu zauberhaft beschrieben. Mir ist durchaus bewusst, dass nachfolgende Frage sehr, ggf. zu persönlich ist: jedoch würde mich ehrlich interessieren, welche Transformation dieser Prozess bewirkte.

Wie war Frau P. davor, wie danach, wie jetzt?

Was hat die Kapitänin behalten, was über Bord geworfen – gibt es eine (neue) Lebensphilosophie?

Vielleicht wird es hier ja noch Thema, ich würde mich sehr freuen, darüber zu lesen.

Ihre S.

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tanja
Jan 15, 2019

Meine liebste Frau Punkte, Du schreibst von der Seele, für die Seele direkt ins Herz und berührst damit schon lange das meinige ... Das ist hier ist der offizielle Anfang und verspricht was wunderbares, großes zu werden ... love to you Beautiful

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theaterclubplus
Jan 11, 2019

Liebe Frau Punkte,

ich finde deinen Blog so ansprechend, vor allem das Bild mit dem Eisberg. Es ist wohl so, dass die sichtbare Spitze nur einen kleinen Teil des Seins zeigt. Die Empfindungen, die du nach der Ansage sezierst, werden mich noch lange beschäftigen. Diese Diagnose kenne ich aus Kindertagen, als man sie meinem Vater stellte. Ich bin sehr gespannt, welche Rettungsringe dein Überleben aus dem Eismeer sichern. LG Comediante23

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solveigh_bauer
Jan 11, 2019

'der Kapitän meldete sich', unglaublich kraftvoller, Mut machender Satz... Du schaffst es jetzt schon, ganz am Anfang, die Sache fürs Herz zu schreiben <3 das ist es was ich zum Überleben brauche, Kunst mit Herz

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